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Techtextil, Texprocess und Heimtextil 2022
Frankfurt, 25.06.2022. Mit insgesamt 117 Teilnehmernationen, rund 63.000 Besuchern und 2.300 Ausstellern fanden 3 Messeveranstaltungen - Techtextil, Texprocess und Heimtextil vom 21.-24.06.2022 auf dem Frankfurter Messegelände statt. Über alle drei Veranstaltungen hinweg bildeten Italien, Frankreich, die Türkei, Großbritannien, die Niederlande, Belgien, Spanien, Polen, die Schweiz, die Tschechische Republik, Portugal, Pakistan, Indien, Korea und die USA die Top-Besuchernationen.
Mit einem globalen Volumen von nahezu 1.000 Milliarden US-Dollar und einer prognostizierten Wachstumsrate von mehr als 4,4 Prozent bis 2026 ist die Textilbranche eine der bedeutendsten globalen Industrien. Die Textilindustrie ist und bleibt ein wachstumsträchtiger Markt. Gerade deshalb ist die nachhaltige Produktion von ökologischen und "kreislauffähigen" Textilien für den Erhalt unserer Umwelt so wichtig.
Alleine in Deutschland befinden sich rund 5 Milliarden Kleidungsstücke in Kleiderschränken, durchschnittlich 95 Kleidungsstücke besitzt jeder Deutsche. Etwa 60 Kleidungsstücke kaufen deutsche Konsumenten im Schnitt jedes Jahr, 40 Prozent dieser Kleidungsstücke wird laut dem Bundesumweltministerium nie oder nur selten getragen. Die Produktion und der Kauf von schnelllebiger Billigmode (Fast Fashion) hat sich seit der Jahrtausendwende mehr als verdoppelt - und steigt weiter, mit massiven Auswirkungen für Mensch und Umwelt. "Fast Fashion", d.h. „clothes that are made and sold cheaply, so that people can buy new clothes often“ – also Kleidung, die so günstig hergestellt und verkauft wird, dass Menschen häufiger neue Kleidung kaufen können.
Auch wenn die Fast-Fashion-Konzerne pro Kleidungsstück nicht viel verdienen, erzielen sie damit Gewinne. Zum einen, weil die gesamte Produktion auf extreme Gewinnmaximierung ausgelegt ist: Günstige Materialien, niedrige Löhne und katastrophale Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern sind die Grundlage dieser Preispolitik. Die Konzerne verdienen an der schieren Masse der Kleidung, die sie verkaufen. Die Kehrseite von "Fast Fashion" sind negative Auswirkungen im ökologischen, ökonomischen und sozialen Bereich:
Ökologie
Die Kleidungsindustrie verbrauchte laut einer McKinsey-Studie von 2018 rund 2,1 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr. Das sind 4 Prozent des weltweiten Gesamtverbrauchs und mehr als alle internationalen Flüge und Kreuzfahrten zusammen. Und dieser Anteil steigt: Laut einer Studie der Ellen-MacArthur-Stiftung wird er im Jahr 2050 bei 25 Prozent des weltweiten Gesamtausstoßes an CO2 liegen, wenn die Entwicklung unverändert weitergeht. Daneben belastet die Kleidungsproduktion die Umwelt aber noch auf andere Weise. Billige Kleidung wird oft aus Kunstfasern hergestellt. Diese zerlegen sich beim Waschen in mikroskopisch kleine Teile (Mikroplastik) und gelangen so in den Wasserkreislauf. Mikroplastik im Leitungswasser ist vor allem in den USA ein Thema, wie die Analyseergebnisse zeigten. Hier war in mehr als 90 Prozent der Proben Mikroplastik zu finden. Annähernd ebenso belastet waren die Proben aus Indien und dem Libanon. In Deutschland waren 72 Prozent der Wasserproben mit Mikroplastik belastet.
Aber auch Kleidungsstücke für Sport und Outdoor – wie beispielsweise Regenjacken – werden oft mit giftigen Chemikalien hergestellt, die für den wasserabweisenden Effekt sorgen. Und auch Kleidung aus vermeintlich naturbelassenem Material wie Baumwolle belastet die Umwelt: Die Herstellung eines T-Shirts aus 100 Prozent Baumwolle verursacht einen Wasserverbrauch von 15.000 Liter pro Kilo Stoff – gerade in Ländern mit Dürreperioden eine außerordentliche Belastung. Ganz zu schweigen von den Pestiziden, die nötig sind, um die meist in Monokultur angebauten Baumwollfelder rentabel betreiben zu können.
Ökonomie und Soziales
Die Nachfrage nach immer mehr immer günstigerer Kleidung führt zur Ausbeutung von Textilarbeiter:innen in den Produktionsländern, meist Schwellen- oder Entwicklungsländern. Der Mindestlohn in Bangladesch beträgt zurzeit rund 80 Euro im Monat, allerdings reicht das Geld nicht aus für einen normalen Lebensunterhalt. Dieses Beispiel lässt sich auf einen Großteil der ande- ren Produktionsländer übertragen. Absicherung im Krankheitsfall und auch Schutz vor Kündigung existieren oft nicht. Neben der schlechten Bezahlung und fehlenden Absicherung fehlt es häufig auch an notwendigem Arbeitsschutz, in vielen Fällen sind weder Brandschutz noch Schutzkleidung gewährleistet. Letzteres führt zu einer hohen Rate an Krebs- oder Lungenerkrankungen unter den Arbeiter:innen.
Ein weiteres Problem ist Kinderarbeit. Laut der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) arbeiten allein in Asien 62 Millionen Kinder unter ausbeuterischen Bedingungen. Statt in die Schule zu gehen, müssen sie arbeiten, um ihre Familien zu unterstützen. Es entsteht ein Teufelskreis: Ohne Bildung können die Kinder auch später nur einfache Jobs annehmen, einen Weg aus der Armut finden sie so nicht. Die Probleme sind allerdings nicht auf den Fast-Fashion-Bereich beschränkt. Auch Modeunternehmen im Luxus- oder Hochpreissegment lassen in denselben Fabriken produzieren – mit denselben Folgen.
Erfreulich ist, dass immer mehr Aussteller Textilien präsentierten, die nachhaltig und kreislauffähig sind und an ihren Ökosiegeln zu erkennen sind, wie dem "Grünen Knopf", dem "Oeko-Tex® Standard 100" Siegel oder dem "blauen Engel":
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Grüner Knopf Siegel (BMZ Bonn) |
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Nachhaltigkeit als klarer Fokus der Heimtextil |
Zukunftsweisend zeigte sich das Heimtextil Summer Special mit dem klaren Fokus auf die Nachhaltigkeit. Eine Vielzahl an Produkten – angefangen von Fasern aus PET-Flaschen, fairen Naturmaterialien, wie Eukalyptus, Bananenbaumblätter, Kartoffelschalen, Annanasschalen, etc. bis hin zu textilen Produkten mit QR-Codes oder DNA im Stoff zur Nachverfolung der gesamten Produktions- und Lieferkette machen die Produktion transparent nachvollziehbar.
Auch Leinen in Kombination mit anderen Naturfasern wie Hanf und Wolle sowie Bettwäsche aus mit Kork beschichteter Baumwolle waren Bestandteil des grünen globalen Produktportfolios. In diesem Kontext kamen ebenfalls die täglichen Green Tours mit Einblicken in kreislauffähige Textilien gut an.
„Auf der Techtextil 2022 haben wir unser neues Produkt ‚bluefibre‘ zum ersten Mal einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Im Fokus stand ein Recyclingkreislauf - angefangen mit der Recyclingfaser über das Produkt bis hin zu dessen erneutem Recycling. Unser Ziel war es, als Ideengeber aufzutreten und dies ist uns gelungen. Wir haben uns gefreut, Menschen persönlich zu treffen und uns mit Bekannten auszutauschen“, sagte Stefan Kreuzer, Senior Produktentwickler beim Aussteller Sandler aus Deutschland.
Nachhaltige Unternehmen mit progressiven und nachhaltigen Fasern, Garnen und Geweben sowie neuen Verfahren, Schnitttechnologien, wasserschonenden Färbeverfahren oder innovativen Verarbeitungstechnologien wurden erneut im Rahmen von Sustainability@Techtextil und Sustainability@Texprocess, nach erfolgreicher Prüfung, durch eine unabhängige internationale Expertengruppe gekennzeichnet. Darunter auch der Texprocess Aussteller EPSON. „Auf der Texprocess 2022 haben wir ein hohes Kaufinteresse der Kunden erfahren. Die Besucher vor Ort waren an Geschäftsabschlüssen interessiert. Wir haben viele internationale Kunden getroffen, wie beispielsweise aus Südafrika oder Australien. In Zusammenarbeit mit Partnerfirmen wie DMIx oder dem Deutschen Modeinstitut konnten wir erstmals Workflows von der Farbauswahl bis hin zum Endprodukt – wie beispielsweise ein bedruckter Ski –präsentieren“, berichtet Achim Bukmakowski, Head of Sales, Commercial & Industrial Printing CEE und DACH bei EPSON, Deutschland.
Frische Impulse setzten die Heimtextil Trends für die Branche. Der Trend "Space" rückte außergewöhnliche Ansätze zur Vermeidung von Abfall und ökonomischen Ungleichgewichten in den Vordergrund. Weitere Publikumsmagneten waren das Green Village mit verlässlichen Zertifikaten, die Orientierung im grünen Dschungel geben, sowie die Heimtextil Conference „Sleep & More“ rund um das Megathema Schlaf und nachhaltige Hotellerie sowie das Angebot an Vorträgen und geführten Rundgängen im Rahmen von Interior.Architecture.Hospitality.
Unternehmen, wie die Floringo GmbH bekennen sich zur Nachhaltigkeit auf ihrer Unternehmenswebsite https://www.floringo.de/pages/nachhaltigkeit. Konsumenten, die beim Kauf von Textilien auf die Oeko-Siegel achten und gezielt nachhaltige Produkte kaufen, können damit den Trend zu umweltfreundlichen Textilien unterstützen.
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Beispiele für nachhaltige Textilien |
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Textile Innovationen |
Damit künstliche Herzen künftig länger halten, ohne dass ein Herzpatient lebenslang Medikamente zu sich nehmen muss, haben Textilforscher der TU Dresden neuartige Herzklappen gewebt. Diese Prothesen können genau auf die anatomische Form des jeweiligen Patienten zugeschnitten werden und sind sogar relativ preisgünstig herstellbar. Die deutsche „Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen“ (AiF) hatte dafür die beiden Wissenschaftler Ronny Brünler und Phillip Schegner vom Dresdner „Institut für Textilmaschinen und textile Hochleistungs- werkstofftechnik“ (ITM) für den Otto von Guericke-Preis nominiert.
Diese textilen Herzprothesen sollen die Vorteile mechanischer und biologischer Klappen vereinen. Die ITM-Forscher gehen davon aus, dass ihre gewebten Implantate durch schonende Schlüsselloch-Operationen einsetzbar sind und unbegrenzt haltbar sind. Und ein weiterer Vorteil gegenüber den gängigen Alternativlösungen ist absehbar: So müssen behandelte Patienten und Patientinnen nicht mehr lebenslang Antigerinnungs-Präparate (Antikoagulations-Medikamente) einnehmen. „Ferner können die textilen Herzklappen zeit- und kostensparend mit hoher Reproduzierbarkeit und Qualität gefertigt werden“, hieß es vom Textilinstitut.
Auch die aus Ananas-Gewebefasern hergestellte Handtasche zeigt, das vegane Produkte aus pflanzlichen Abfallprodukten realisierbar sind. Die ORGANIX-Verpackungstüten (www.organix.eco), hergestellt aus Kartoffelschalen-Abfällen, ließen sich kaum von dem Erdöl-basierten Kunststoffen, die bisher verwendet wurden, unterscheiden. Umweltfreundliche Alternativprodukte beim Herstellungsprozess zu nutzen, ist gar nicht mal so schwer und die Nachfrage nach diesen Produkten wird in der Zukunft immer mehr zunehmen.
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Textile Herzprothese & Ananas Textilien |
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Die nächste Heimtextil findet vom 10. bis 13. Januar 2023 statt. Die nächste Techtextil und Texprocess finden vom 23. bis 26. April 2024 statt.
(TE)
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